Die Nährwertkennzeichnung bei loser Ware

Nährwerte Wörtspiel

Gastautor: Herr Prof. Dr. Martin Holle
 
Mit dem Inkrafttreten der EU Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) wird die Angabe von Nährwerten auf fertig vorverpackten Lebensmitteln zum 13. Dezember 2016 verbindlich. Für lose Ware wie dem Gast zum sofortigen Verzehr servierte Speisen in der Gastronomie oder das über die Ladentheke an den Kunden abgegebene Stück Fleisch besteht dagegen weiterhin keine Pflicht zur Nährwertkennzeichnung. Aber auch ohne eine solche gesetzliche Verpflichtung kann es erforderlich sein, die Nährwerte des handwerklich hergestellten oder in der Küche zubereiteten Lebensmittels zu ermitteln und an den Verbraucher zu kommunizieren. So ist die Nährwertinformation zum Beispiel bei der Belieferung von Krankenhäusern, Alters- und Pflegeheimen von großem Belang, da hier häufig besondere Ernährungsbedürfnisse der Patienten und Bewohner bestehen. Aber auch in der Gastronomie allgemein nimmt das Informationsbedürfnis der Gäste zu.

 

 

Sobald für lose Ware freiwillig Angaben zu Nährwerten gemacht werden, müssen diese nach Artikel 36 LMIV grundsätzlich den gleichen Vorgaben genügen wie die Pflichtangaben auf einer Fertigpackung. Insbesondere dürfen die Angaben nicht zweideutig, missverständlich oder irreführend sein.

 
 

Für die Nährwertkennzeichnung von loser Ware bestehen folgende Kennzeichnungsmöglichkeiten:
 
1. Angabe nur des Brennwerts (in kcal und kJ)
 
2. Angabe von Brennwert (kcal und kJ), Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz
 
3. Angabe von Brennwert (kcal und kJ), Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz
 
 
Es müssen dabei immer alle in der Aufzählung genannten Nährstoffe angegeben werden. Sobald also z.B. der Fettgehalt eines Lebensmittels deklariert wird oder Angaben wie z.B. „fettarm“ gemacht werden, müssen nicht nur der Brennwert und der Fettgehalt sondern mindestens auch der Gehalt an gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz angegeben werden.
 
 
Zusätzlich ergänzt werden dürfen Angaben zu einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, mehrwertigen Alkoholen, Stärke, Ballaststoffen sowie die in Anhang XIII der LMIV aufgeführten Vitamine und Mineralstoffe, sofern diese in der gesetzlich erforderlichen Mindestmenge (7,5% der im Anhang XIII gelisteten Nährstoffbezugswerte pro 100 ml bei Getränken, 15% pro 100 g/ml bei allen andern Lebensmitteln) im Lebensmittel enthalten sind. Angaben zu anderen als den aufgeführten Stoffen sind unzulässig, so. z.B. der Hinweis „cholesterinfrei“.
 
 
Brennwert und Nährwerte sind immer pro 100g bzw. pro 100 ml Produkt anzugeben. Zusätzlich dürfen freiwillig auch die Gehalte pro Portion aufgeführt werden.
 
 
Die anzugebenden Gehalte müssen sich auf das Lebensmittel zum Zeitpunkt des Verkaufs beziehen und sollen Durchschnittswerte sein. Die Werte können entweder aus den Daten in allgemein anerkannten Tabellenwerken (Bundeslebensmittelschlüssel, Souci/Fachmann/Kraut) berechnet oder durch Analysen ermittelt werden. Beide Methoden stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander, d.h. Analysen sind nicht zwingend erforderlich. Sollte sich allerdings bei einer amtlichen Kontrolle herausstellen, dass die berechneten Werte erheblich von den tatsächlichen Gehalten abweichen, ist ggf. eine Anpassung notwendig. Für die Ermittlung des Brennwerts sind die in Anhang XIV der LMIV vorgegebenen Umrechnungsfaktoren zu verwenden, auch wenn in der Ernährungswissenschaft zum Teil andere Umrechnungsfaktoren benutzt werden.
 
 
Da die Nährstoffgehalte eines Produkts rohwaren- und herstellungsbedingt schwanken können, sind Abweichungen von den deklarierten Werten im Rahmen gewisser Grenzen erlaubt. Diese Toleranzen hat die Europäische Kommission in einem Leitfaden zusammengestellt und erläutert (http://ec.europa.eu/food/food/labellingnutrition/nutritionlabel/docs/guidance_tolerances_december_2012_de.pdf). Der Leitfaden enthält außerdem Hinweise, wie die errechneten Werte für die Deklaration zu runden sind.
 
 
Alle Nährwertangaben sind deutlich und gut lesbar in einer Tabelle in der nach Anhang XV LMIV vorgeschriebenen Form zusammenzustellen. Die Angaben müssen für die Gäste verfügbar und leicht zugänglich sein.
 
 
In besonderen Fallgestaltungen, insbesondere bei der Verwendung nährwert- oder gesundheitsbezogener Angaben, können weitere Anforderungen bestehen. Bei der Umsetzung der Nährwertdeklaration in der betrieblichen Praxis sollten Sie deshalb immer eine im Lebensmittelrecht erfahrene Person hinzuziehen.
 
 
Prof. Dr. Martin Holle
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg